Wareneingang
Was ist Wareneingang?
Aus Sicht der Logistik gesehen umfasst der Wareneingang alle Tätigkeiten, die durchzuführen sind, um eingehende Produkte, also die Ware entgegen zunehmen, zu prüfen und letztlich einzulagern.
Aus Sicht der Buchhaltung führt eine Wareneingangsbuchung einerseits zu einer Erhöhung der Bestände, andererseits zur Entstehung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Lieferanten. Nicht zuletzt dient die Wareneingangskontrolle der Qualitätssicherung.
Durch den Zugang von Waren entsteht auch eine Kapitalbindung, da ein Weiterverkauf bzw. eine Weiterverarbeitung erst nach einem bestimmten Zeitversatz erfolgen kann. Ziel eines optimalen Wareneingangs-Prozesses ist es stets,
- die Durchlaufzeiten,
- den Platzbedarf sowie
- die Mitarbeiterkapazitäten
möglichst gering zu halten, ohne dass die Prozessqualität darunter leidet.
Wie gestaltet sich der Ablauf des Wareneingangs?
Dem Wareneingang geht eine Bestellung voraus, die aufgrund eines bestimmten Materialbedarfs ausgelöst wurde. Dem gegenüber stehen ungeplante Wareneingänge, wobei es sich beispielsweise um retournierte Waren von Kunden handeln kann. Grob skizziert besteht der Wareneingangsprozess aus folgenden Schritten: Warenannahme -> Wareneingangskontrolle -> ggf. Sperrlagerung und Freigabe -> Wareineingangsbuchung -> Einlagerung
Aus Sicht der Buchführung stellt der Wareneingang eine wert- und mengenmäßige Zugangsbuchung auf Warenbestandskonten dar. Auch in diesem Bereich gilt der kaufmännische Grundsatz „keine Buchung ohne Beleg“, weshalb entweder Lieferscheine oder Eingangsrechnungen als Buchungsgrundlage verwendet werden. Die Wareneingangsbuchung erhöht den Bestand, daher wird dieser Vorgang häufig auch als „Ware vereinnahmen“ bezeichnet. In der Praxis werden Wareneingänge meist mit Bezug zur vorangegangenen Bestellung verbucht. Hierdurch wird ein systemtechnischer Soll-Ist-Vergleich, also eine Gegenüberstellung von bestellter und tatsächlich gelieferter Ware, ermöglicht. Liegt eine Mengenabweichung vor, ist eine Korrektur der Buchungsmenge erforderlich.
Warenannahme
Die Einzelschritte in der Übersicht:
Bei der Warenannahme treffen die Produkte durch Anlieferung im Unternehmen ein.
Der Empfänger muss zunächst prüfen, ob Absender und Empfänger auf den Lieferpapieren plausibel und korrekt sind. Ziel ist es hierbei, festzustellen, ob die gelieferte Ware tatsächlich für das Unternehmen bestimmt ist. Auch sollte vom Mitarbeiter dokumentiert werden, ob die Produkte pünktlich angekommen sind, also der Liefertermin eingehalten wurde.
Nach Bestätigung der Richtigkeit erfolgt das Entladen der Ware, für das im Übrigen grundsätzlich der Absender bzw. Lieferant zuständig ist (vgl. § 412 HGB). In der Praxis erfolgt das Entladen jedoch zumeist durch den Warenempfänger. Rechtliche Grundlage hierfür wäre eine Vereinbarung zwischen Käufer und Lieferant, welche die Entladepflicht auf den Empfänger überträgt.
Im weiteren Verlauf erfolgt eine Sichtprüfung (rein äußerlich), bei der folgende Fragestellungen beantwortet werden müssen:
Prüfkriterium | Vorgehen bei Abweichungen |
---|---|
Ist die Anzahl der Transporteinheiten korrekt? (z. B. Anzahl von Paketen, Collis oder Paletten) | Weicht die Anzahl ab, ist dies vom Empfänger auf den Begleitpapieren festzuhalten und vom Überbringer gegenzuzeichnen. |
Sind die Transportverpackungen äußerlich unversehrt? (Sind beispielsweise gerissene oder eingedrückte Kartons vorhanden?) | Wer die Verantwortung trägt, hängt vom Schadenszeitpunkt ab.Transportschäden: Es haftet der Frachtführer. Sachschäden (vor Auslieferung): Es haftet der Absender. Festgestellte Schäden müssen vom Mitarbeiter auf den Begleitpapieren dokumentiert und vom Überbringer unterschrieben werden. Wichtig: Sofort erkennbare Mängel müssen unverzüglich dem Frachtführer angezeigt werden. Für alle übrigen Mängel gilt eine Frist von 7 Tagen nach Erhalt der Lieferung. |
Sind die Mehrwegverpackungen unbeschädigt? (z. B. Euro-Paletten oder Euro-Gitterboxpaletten) | Keine Weiterverwendung aufgrund von Unfallgefahr. |
Nach dieser äußerlichen Prüfung kann (sofern relevant) ein Tausch von Mehrwegverpackungen erfolgen. Entweder werden die Transportbehälter direkt wieder zurückgegeben, oder aber der Frachtführer erhält entsprechendes Tauschmaterial aus dem Bestand. Auch dieser Tausch muss dokumentiert werden. Abschließend quittiert der Empfänger (Mitarbeiter) die Annahme durch Unterschrift auf den Begleitpapieren oder auf dem Scanner des Lieferanten. Datum und Uhrzeit sollten ebenfalls vermerkt werden.
Achtung: Ohne den Vermerk etwaiger Abweichungen oder Schäden gilt diese Quittierung als Bestätigung, dass die Produkte in vollem Umfang und unversehrt eingetroffen sind. Randnotizen wie „Annahme nur unter Vorbehalt“ sind im Übrigen rechtlich unwirksam.
Nun wird die Ware in den Annahmebereich gebracht (sofern vorgesehen/vorhanden), wo dann der nächste Prozessschritt, die Eingangskontrolle, stattfindet.
Wareneingangskontrolle
Die Einzelschritte in der Übersicht:
Insgesamt hat die Wareneingangskontrolle die Aufgabe, festzustellen, ob die Anlieferung in Menge und Qualität mit der ursprünglichen Anforderung übereinstimmt. Es erfolgt hierbei eine Zuordnung der Bestellung zum Lieferschein. Letzterer bildet auch die Grundlage zur Prüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit.
Abhängig von der Warenart können Stichproben entnommen werden, um die Qualitätssicherung durchzuführen. Wichtig ist in diesem Bereich eine vollständige Dokumentation, aus der neben den korrekt gelieferten Positionen auch Abweichungen im Hinblick auf Mengen oder Qualität hervorgehen. Die Quittierung sollte stets unter namentlicher Angabe des Prüfers sowie mit Datum und Uhrzeit erfolgen.
Sperrlagerung und Freigabe
Die sogenannte Sperrlagerung kommt meist nur zum Tragen, wenn ein separates Verfahren der Qualitätssicherung im Unternehmen angewandt wird oder eine zollrechtliche Freigabe erforderlich ist. Spezialisierte Mitarbeiter bzw. der Zoll nehmen während der Sperrlagerung entsprechende Zusatzkontrollen vor und erteilen abschließen die Freigabe zur Einlagerung.
Wareneingangsbuchung (Vereinnahmung)
Nach vollständiger Prüfung der Ware erfolgt die Zubuchung (Vereinnahmung) im System. Die Grundlage dieser Wareneingangsbuchung stellt meist der Lieferschein dar. Alternativ kann ein Wareneingangsschein verwendet werden.
Buchhalterisch gesehen erhöht sich der Bestand (das Vorratsvermögen) bei diesem Schritt sowohl mengen- als auch wertmäßig. Bei Mengenabweichungen muss an dieser Stelle entweder eine Teilmenge vereinnahmt oder eine Korrekturbuchung durchgeführt werden.
Praxistipp: Liegen Mengen- oder Qualitätsabweichungen vor, empfiehlt es sich, zeitnah die Reklamation gegenüber dem Lieferanten im System zu erfassen und Kontakt mit ihm aufzunehmen.
Einlagerung
Die Wareneingangsbuchung führt dazu, dass die eingegangenen Artikel systemtechnisch im Bestand verfügbar sind und somit für den Warenausgang zur Verfügung stehen. Damit tatsächlich ein Zugriff auf die Ware möglich ist, sollte die Einlagerung zügig durchgeführt werden. Grundsätzlich empfiehlt es sich, zu unterscheiden nach
- auftragsbezogener Ware (eilig) und
- Lagernachschub (weniger eilig)
Dies ist möglich, wenn die vorangegangene Bestellung einen Bezug zu einem Verursacher (Kundenauftrag) hat.
Stelle zunächst die Ware bereit, die Kunden- bzw. Produktionsaufträgen zuzuordnen sind und einen zeitnahen Warenausgang erfordern. Erst im Anschluss sollte die Einlagerung von Waren erfolgen, die dem reinen Lagernachschub dienen.
Die ordnungsgemäße Einlagerung hat einen hohen Einfluss auf die Folgeprozesse und den späteren Warenausgang, weshalb bei diesem Schritt äußerst gewissenhaft vorgegangen werden sollte. Zunächst ist das angewandte Lagerprinzip (z. B. FIFO – first in, first out oder LIFO – last in, first out) zu beachten. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die Ware dem korrekten Lagerort zugeführt wird. Eingelagerte Mengen sollten nochmals kontrolliert (gezählt) werden.
Ziele der Einlagerung sind kurze Durchlaufzeiten und Flexibilität. Diese Faktoren der Logistik werden entscheidend von der optimalen Wahl des Lagerorts bzw. Lagerfachs beeinflusst. Folgende Aspekte sind hierbei zu berücksichtigen:
- Physische Anforderungen (z. B. Abmessungen, Gewicht oder Verderblichkeit des Lagerguts)
- Rechtliche Vorgaben (z. B. sichere Lagerung von Gefahrgut)
- Optimierung im Betrieb
Sofern physisch und rechtlich möglich, sollte bei der Lagerortwahl die Optimierung der internen Logistik die Hauptrolle spielen. Hierbei sind insbesondere minimale Transportwege und die maximale Nutzung vorhandener Kapazitäten im Lager anzustreben.
Durchlaufzeiten senken, Kapazitäten beim Wareneingang reduzieren: so geht’s
Der Wareneingangsprozess ist mitunter langwierig und teuer. Ausreichende Kontrolle ist jedoch notwendig, um schwerwiegende Störungen in den Folgeprozessen (Störungen der internen Logistik) zu verhindern. Eine Verkürzung der Durchlaufzeiten oder eine Reduzierung des Personalaufwands ist aber möglich, wenn du einige Tipps beachtest.
Reduziere den Prüfumfang
Prüfe insbesondere die Waren genau, die fehleranfällig sind und/oder hohe Auswirkungen auf die spätere Qualität des Endprodukts bzw. Kundenzufriedenheit haben. Bei den übrigen Artikeln kann der Stichprobenumfang reduziert werden.
Prüfe, ob sich Reklamationen positiv ausgewirkt haben
Mangelhafte Waren werden in aller Regel beim Lieferanten reklamiert. Häufig wird jedoch vergessen, zu prüfen, ob der Zulieferer die Qualität daraufhin nachhaltig verbessert hat. Lege ein besonderes Augenmerk auf Artikel, die von dieser Thematik betroffen sind. Unterstütze den Lieferanten, sofern notwendig, dabei, seine eigenen Prozesse zu verbessern. Nicht immer liegt der Fehler beim Hersteller. Auch unzureichende Vorgaben bzw. Spezifikationen können das Qualitätsproblem verursachen. Schließe notfalls eine Qualitätssicherungsvereinbarung mit dem Lieferanten ab.
Optimiere Anlieferungszeitpunkte und -mengen
Eingehende Ware sollte sich so kurz wie möglich in der Annahme bzw. Kontrolle befinden, um der Produktion oder dem Verkauf schnell zur Verfügung zu stehen. Versuche daher, Stoßzeiten im Wareneingang zu vermeiden und eine gleichmäßige Belieferung über den gesamten Tag zu erreichen. Außerdem können bisherige Einzellieferungen ggf. konsolidiert werden. Hierfür sind Gespräche mit den Lieferanten und deren Logistik-Dienstleistern notwendig.
Wähle eine lagerfähige Verpackung
Um ein Umpacken beim Wareneingang zu vermeiden, sollten die Waren möglichst in einer lagerfähigen Verpackung angeliefert werden. Die Verpackungseinheiten wählst du im Optimalfall so, dass sie ohne Zwischenschritte bereitgestellt werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, nimmst du eine verbindliche Regelung zu Gebindegrößen und Verpackungsart in den Kaufvertrag auf.
Nutze eine solide Lagerhaltungssoftware
Bei der Auswahl einer Software ist neben der reinen Möglichkeit der Wareneingangsbuchung ein durchgängiger Workflow entscheidend. Alle Bereiche, von der Bedarfsmeldung oder dem Auftrag, über die Disposition, die Bestellung, den Wareneingang und der finalen Bereitstellung sollten miteinander verknüpft sein, um vollständige Transparenz zu erhalten. Dies ermöglicht exakte Informationen, eine bessere Planbarkeit, eine zügige Durchführung des Wareneingangs und sorgt letztlich dafür, dass die Ware pünktlich beim Bedarfsträger eintrifft.
Nutze Barcodes und Scanner
Der Wareneingang mit mobilen Scannern erlaubt eine schnelle und fehlerfreie Erfassung der eingetroffenen Produkte und ermöglicht außerdem einen komfortablen Soll-Ist-Vergleich. Erfasste Daten können direkt ins ERP-/WaWi-System übermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die eintreffenden Artikel mit korrekten Barcodes versehen sind. Führe Gespräche mit den Lieferanten, damit dieses Ziel erreicht werden kann.
Autor dieses Artikels ist Ertan Özdil, CEO, Gründer und Gesellschafter des Cloud ERP-Anbieters weclapp.
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