Soll-Ist-Versteuerung
Was ist die Soll Ist-Versteuerung?
Soll-Versteuerung: Sie wird zu dem Zeitpunkt berechnet, zu dem Rechnungen an die Kunden gestellt werden. Wird die Rechnung im ersten Quartal gestellt und der Kunde zahlt allerdings erst im zweiten Quartal, muss der Unternehmer eine Vorauszahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt leisten.
Ist-Versteuerung: Hier kommt es auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Bekommt der Kunde die Rechnung im ersten Quartal, zahlt aber erst im zweiten, wird auch erst im zweiten Quartal die Umsatzsteuer berechnet. Das Unternehmen zahlt also nur Umsatzsteuer, wenn das Geld auch auf dem Konto eingegangen ist.
Sollversteuerung oder Istversteuerung – Was ist der Unterschied?
Ist- oder Sollversteuerung? Letztlich hat diese Frage in erster Linie Bedeutung für die Umsatzsteuer.
! Zur Erinnerung: Jedes Unternehmen (Ausnahme: Kleinunternehmer) berechnet für jede Leistung Umsatzsteuer (meist 19 oder 7 Prozent), die vom Kunden bezahlt wird. Diese Umsatzsteuer muss jeden Monat oder jedes Vierteljahr (Quartal) an das Finanzamt abgeführt werden. Was der Betrieb selbst an Umsatzsteuer zahlt, ist als Vorsteuer von der eigenen Umsatzsteuer-Zahllast gegenüber dem Finanzamt abzugsfähig.
❓ Doch welcher Zeitpunkt ist maßgeblich für die Anrechnung der Umsatzsteuer?
❓ Der Zeitpunkt der Bezahlung oder der Zeitpunkt der Leistung bzw. Rechnungserstellung?
➜ Hier besteht der grundsätzliche Unterschied zwischen Sollversteuerung und Istversteuerung.
Sollversteuerung und Istversteuerung spielen für die Umsatzsteuervoranmeldung und die Umsatzsteuer-Erklärung eine Rolle. Es kommt für die Umsatzsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt darauf an, wann eine Umsatzsteuer entstanden ist oder tatsächlich eingenommen wurde.
Der wesentliche Unterschied ist hier übersichtlich dargestellt – mit einer kleinen Eselsbrücke zum Merken:
Soll-Versteuerung | Versteuerung nach dem vereinbarten Entgelt | Eselsbrücke: Wenn das Geld in der Kasse sein soll |
Ist-Versteuerung | Versteuerung nach dem vereinnahmten Entgelt | Eselsbrücke: Wenn das Geld in der Kasse ist |
Sollversteuerung
Die Sollversteuerung stellt den Grundsatz der Besteuerung nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) dar. Umsatzsteuer wird zu dem Zeitpunkt berechnet, zu dem Rechnungen an die Kunden gestellt werden.
Es spielt hierbei keine Rolle, wann der Betrag tatsächlich bezahlt wird. Dies gilt auch dann, wenn in der Rechnung ein genaues Zahlungsziel festgelegt wird.
➜ In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Unternehmer in Bezug auf die Umsatzsteuer in eine Vorleistung gegenüber dem Finanzamt geht.
➜ Beispiel:
Unternehmer U stellt dem Kunden K am 25. September 2014 eine Rechnung über 119,- Euro für eine erbrachte Leistung aus (100,- EUR + 19,- EUR MwSt.).
➜ U schuldet dem Finanzamt folglich für das dritte Quartal 2014 diese Umsatzsteuer in Höhe von 19 Euro, auch wenn die Überweisung des K an U erst im vierten Quartal auf dem Konto des U gutgeschrieben wird. Denn für die Entstehung der Umsatzsteuer-Schuld gilt (bei Versteuerung nach dem Soll) das Datum der Rechnung.
Istversteuerung
Die Istversteuerung bewirkt, dass die Steuerschuld in Bezug auf die Umsatzsteuer erst mit dem Ablauf des Voranmeldezeitraums entsteht, in dem das Entgelt tatsächlich vereinnahmt wurde. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen, die keine doppelte Buchführung betreiben und eine Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln, stellt dies eine erhebliche Arbeitserleichterung dar.
Es zählt schlicht nur das, was tatsächlich in die Kasse oder aufs Konto geflossen ist. Komplizierte Erwägungen zum Zeitpunkt der Entstehung von Forderungen, des Abschlusses einer erbrachten Leistung oder der Anrechnung von Vorauszahlungen sind nicht erforderlich. Gerade für Start-ups empfiehlt es sich, am Anfang der Tätigkeit gleich einen Antrag auf Istversteuerung beim Finanzamt zu stellen.
➜ Beispiel:
Wie oben bei der Sollversteuerung. ➜ Hier kommt es auf den Zeitpunkt der Zahlung (bzw. Eingang des Betrags auf dem Konto des U) an: Zahlt K bar am 30. September, wird die Umsatzsteuer-Schuld des U für das dritte Quartal um 19 Euro erhöht. Zahlt K dagegen erst am 1. Oktober (oder geht das Geld erst dann auf dem Konto des U ein), werden 19 Euro für die Umsatzsteuer-Schuld des vierten Quartals berechnet.
Vorteile
Die Istversteuerung ist gerade für kleinere und mittlere Unternehmen geeignet. Auch wer sich erstmals selbstständig macht, sollte zunächst nach der Istversteuerung vorgehen. Die Vorteile der Istversteuerung sind überzeugend:
✔ Bessere Liquidität
➜ Die Umsatzsteuer muss erst dann dem Finanzamt zurückerstattet werden, wenn der Kunde tatsächlich bezahlt hat. Für die Steuer kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Lieferung oder andere Umstände an.
➜ Andererseits kann die Vorsteuer bereits mit Rechnungstellung gutgeschrieben werden.
✔ Vereinfachte Buchhaltung
➜ Die für die Umsatzsteuervoranmeldung relevanten Beträge können einfach aus den Ein- und Ausgängen auf dem Konto abgeleitet werden.
➜ Dies gilt allerdings nur, wenn auch für die Vorsteuer die Methode der Istversteuerung gewählt wird.
Bei welchen Unternehmen kommt die Istversteuerung zur Anwendung?
Die in § 4 Nr. 1 bis 28 UStG aufgezählten Tatbestände der
Die Istversteuerung stellt eine Erleichterung für die Buchhaltung kleinerer und mittlerer Unternehmen dar. Deshalb ist sie auch nur unter bestimmten Umständen zulässig.
Größere Betriebe mit sehr hohen Jahresumsätzen müssen immer eine Sollversteuerung vornehmen.
Welche Unternehmen zur Istversteuerung berechtigt sind, ergibt sich aus § 20 UStG:
✔ Betriebe, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind
✔ Selbstständige, die einen freien Beruf ausüben
- Beispiele: Architekten, Rechtsanwälte, Ärzte, selbstständige Hebammen, Journalisten, Dolmetscher und ähnliche Berufe
- Dies gilt unabhängig von der Umsatz-Höhe
✔ Unternehmen, die im Vorjahr einen Umsatz von 500.000 Euro oder weniger erwirtschaftet haben
Umsatzsteuerbefreiung> sind ausgesprochen vielfältig.
Finanzamt erteilt die Genehmigung zur Istversteuerung
Die Istversteuerung muss vom Finanzamt genehmigt werden, denn sie stellt im gesetzlichen Sinn eine Ausnahme dar. Die Genehmigung gilt für das Kalenderjahr, sie kann jedoch jederzeit widerrufen werden. Wird dieser Widerruf vom Finanzamt ausgesprochen, gilt für das gesamte Kalenderjahr die Sollversteuerung.
Allerdings darf die Finanzbehörde diesen Widerruf auch nur zu Beginn des Kalenderjahres aussprechen. Wenn die Voraussetzungen des § 20 UStG jedoch tatsächlich nicht mehr vorliegen (wenn zum Beispiel der Jahresumsatz 500.000 Euro übersteigt) bedarf es keines ausdrücklichen Widerrufs durch das Finanzamt, um zur Verpflichtung zur Sollversteuerung zurückzukehren.
Es gibt bestimmte Fallkonstellationen, bei denen das Finanzamt in der Regel die Berechtigung zur Istversteuerung widerruft. Es sind dies Fälle, in denen der Verdacht eines Missbrauchs naheliegt, sodass der Steueranspruch des Staates gefährdet erscheint.
Hier sind einige Beispiele für solche Fälle aufgeführt:
- Das Finanzamt stellt bei einer Außenprüfung fest, dass die Besteuerung längere Zeit nicht ordnungsgemäß vorgenommen wurde.
- Forderungen, die erheblich sind, werden über einen längeren Zeitraum nicht eingefordert.
- Überwiegend gegenüber nahestehenden Personen bestehende Forderungen.
- Verbundene Betriebe versteuern nach dem Ist-Prinzip und haben erhebliche Vorsteuer-Überhänge.
Rückwirkend möglich: Der Antrag auf Wechsel zur Istversteuerung nach § 20 UStG ist nicht an Fristen gebunden. Er kann deshalb auch rückwirkend gestellt werden. Auch eine bestimmte Form (zum Beispiel Schriftform) ist nicht erforderlich.
Letztlich ist auch eine stillschweigende Genehmigung durch das Finanzamt denkbar, wenn der Unternehmer nämlich in seiner Umsatzsteuer-Erklärung oder in der Umsatzsteuer-Voranmeldung die Umsatzsteuer erkennbar nach vereinnahmten Beträgen berechnet und dies vom Finanzamt angenommen wird.
Der Antrag auf Istversteuerung ist also
- nicht fristgebunden,
- nicht formgebunden
- und kann auch durch schlüssiges Verhalten des Finanzamts genehmigt werden.
Welcher Zeitpunkt zählt?
Manchmal ist es zweifelhaft, welcher Zeitpunkt für die Einnahme bei der Istversteuerung maßgeblich ist. Bei einer Barzahlung ist der Fall klar: Es gilt das Datum, an dem das Geld bezahlt wurde.
Hier sind in einer Übersicht die verschiedenen Formen der Vereinnahmung aufgeführt:
Barzahlung | Zeitpunkt der Zahlung |
Abtretung einer Forderung | Zeitpunkt der Abtretung |
Aufrechnung mit einer anderen Forderung | Erklärung der Aufrechnung |
Wechsel | Einlösung des Wechsels |
Scheck | Hingabe des Schecks |
Überweisung | Datum der Gutschrift |
Kontokorrent-Verkehr | Anerkennung des Saldos (Ende des Zeitraums der Abrechnung) |
Autor dieses Artikels ist Ertan Özdil, CEO, Gründer und Gesellschafter des Cloud ERP-Anbieters weclapp.
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