Konsignationslager
Was ist ein Konsignationslager?
Welche Vor- und Nachteile gibt es für den Abnehmer?
Für den Abnehmer (Kunden) bietet ein Konsignationslager mehrere Vorteile. Im Wesentlichen sind dies die sofortige Verfügbarkeit von gängigen Teilen und der Entfall von Investitionen in ein eigenes Lager. Hieraus folgt eine niedrigere Kapitalbindung. Weiterhin ist das Investitionsrisiko begrenzt, sofern der Lieferant selbst für die Qualitätssicherung seiner Ware verantwortlich ist. Ergeben sich beispielsweise Änderungen am Design oder in technischer Hinsicht, muss der Lieferant die betroffenen Teile auf eigene Kosten austauschen. Gleiches gilt für Teile mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum. Ist das Verfallsdatum überschritten, muss auch hier der Lieferant die betroffene Ware ersetzen.
Nachteilig ist ein Konsignationslager dann, wenn durch sein Bestehen versäumt wird, weiterhin regelmäßig Preise verschiedener Lieferanten zu vergleichen bzw. zu verhandeln. Auch Preiserhöhungen des Konsignations-Partners sollten trotz des komfortablen Service kritisch geprüft werden.
Vorteile | Nachteile |
---|---|
keine Investition in eigenes Lager niedrigere Kapitalbindung begrenztes Investitionsrisiko | sofortige Verfügbarkeit der Teile unnötige Kosten durch Versäumnis des Preisvergleichs verschiedener Lieferanten | Preiserhöhungen durch Konsignations-Partner
Welche Vor- und Nachteile gibt es für den Lieferanten?
Der wesentliche Vorteil und damit der Hauptgrund für den Betrieb von Konsignationslagern besteht für den Lieferanten in einer stärkeren Kundenbindung.
Nachteilig ist hingegen die hohe Kapitalbindung, die sich aus dem Führen von Konsignationslagern zwangsläufig ergibt. Auch das Lagerrisiko (Verfall, Überalterung) liegt meist komplett beim Lieferanten.
Wie wird ein Konsignationslager eingeführt?
Bei der Einführung eines Konsignationslagers müssen bestimmte Faktoren beachtet werden, damit ein erfolgreicher Betrieb gewährleistet werden kann:
Schritt 1: Artikel definieren
Zunächst muss eine Definition der Artikel erfolgen, die für das Konsignationslager infrage kommen. Hierbei kann es sich um häufig benötigte Bauteile ebenso handeln, wie um gängige Hilfs- oder Betriebsstoffe („C-Teile“). Sinnvoll ist die Einführung auch für besonders teure Teile mit schwankendem Bedarf, da das Verfallsrisiko beim Lieferanten liegt.
Schritt 2: Infrastruktur planen
Bei diesem Schritt musst du überprüfen, ob die Rahmenbedingungen für ein Konsignationslager gegeben sind. Wichtigste Fragestellung ist hier, ob überhaupt genug räumliche Kapazität zur Verfügung steht. Zudem ist dringend zu empfehlen, eine leistungsfähige IT-Landschaft zu nutzen, mit welcher der Lieferant die aktuellen Restbestände stets abrufen kann. Fehlt eine derartige Lösung, sollte sie eingeführt werden.
Schritt 3: Erste Gespräche mit Lieferanten führen
Sind die zuvor genannten Vorbereitungen getroffen worden, kannst du Kontakt mit den Lieferanten aufnehmen und sie über die Planung informieren. Ist der Zulieferer bereit, ein Konsignationslager einzurichten, muss eine Reichweite definiert werden. Dies bedeutet schlicht eine Festlegung von Melde- und Höchstbeständen pro Artikel. Die optimale Wahl dieser Parameter hat hohe Priorität, da Fehler zu späteren Engpässen führen können. Gehe hierbei also äußerst genau und auf Basis belastbarer Vergangenheitswerte vor. Kläre außerdem Art und Regelmäßigkeit der Anlieferung sowie die Verpackungseinheiten (Einweg oder Mehrweg) ab. Die Verpackung hat auch Einfluss auf die Lagerdauer und den Schutz der Waren.
Schritt 4: Kosten-Nutzen-Analyse erstellen
Vor der tatsächlichen Einführung eines Konsignationslagers muss stets eine Kosten-Nutzen-Betrachtung stattfinden. Beziehe hierbei auch die sinkende Kapitalbindung (Zinsen) durch Bestandsreduzierungen mit ein. Erst wenn die positiven Auswirkungen überwiegen, sollten konkrete Lieferantenverhandlungen beginnen.
Schritt 5: Finale Verhandlung mit Lieferanten führen
An den konkreten Verhandlungen mit Lieferanten sollten neben dem Einkauf auch deine Logistiker teilnehmen. Es werden die Kapazitäten, Modalitäten zur Lieferung, Preise und der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs geregelt. Definiere zudem die Rücknahmebedingungen und den Umgang mit Mängeln oder Fehlmengen ganz klar. Eine Festlegung der Rechnungsstellung und deren Rhythmus (z. B. monatlich) muss ebenfalls erfolgen. Abschließend erfolgt die Unterzeichnung des Konsignationsvertrags.
Schritt 6: Konsignationsgüter kennzeichnen
Um eine Chargen-Verfolgung zu sichern und eine Vermischung mit dem eigenen Lagerbestand zu vermeiden, sollten Konsignationsgüter entsprechend gekennzeichnet werden. Beispielsweise könnte ein „K“ gut sichtbar auf den Waren angebracht werden. Im Optimalfall übernimmt dies derjenige, der die Lieferung ausführt.
Welche Schritte gibt es beim Konsignationsgeschäft?
Der Konsignations-Prozess setzt sich aus mehreren Schritten zusammen. Nachdem die Kunden-Räumlichkeiten mit einem kundeneigenen System oder einem Lagersystem des Lieferanten eingerichtet wurden, findet folgender Ablauf statt:
- Die Lieferung mit den benötigten Waren erfolgt im Konsignationslager beim Kunden.
- Bei Bedarf entnimmt der Kunde die benötigte Ware und dokumentiert diesen Vorgang mit einem Entnahmebeleg oder elektronisch (z. B. via Scan). Dieser ist Grundlage für die spätere Rechnungsstellung des Lieferanten. Rechtlich gesehen entsteht mit der Entnahme ein Kaufvertrag mit dem Lieferanten.
- Die Entnahme wird an den Lieferanten gemeldet.
- Je nach Vertragsgestaltung wird der Kunde entweder bei der Entnahme oder nach vollständiger Bezahlung Eigentümer der Ware.
- Abschließend erhält der Kunde eine (Sammel-)Rechnung zu den getätigten Entnahmen.
- Abhängig von der Vereinbarung erfolgt eine regelmäßige Neubestückung bei den Artikeln, deren Bestand zur Neige geht.
Mittlerweile etablieren sich zunehmend elektronisch geführte bzw. softwaregestützte Konsignationslager. Diese bieten die Vorteile, dass Entnahmen automatisch gemeldet werden und bei Unterschreitung eines festgelegten Meldebestandes automatisch der Nachfüllvorgang angestoßen werden kann.
Was ist ein Lieferanten-Logistik-Zentrum?
Bei einem Lieferanten-Logistik-Zentrum handelt es sich um ein Konzept aus der Großindustrie, bei dem mehrere Lieferanten ein gemeinsames Konsignationslager in räumlicher Nähe eines Kunden betreiben. Häufig ist der Großabnehmer gleichzeitig der Vermieter der Lagerräume oder -flächen. Auch bei dieser Variante geht das Eigentum erst bei der Entnahme bzw. Anlieferung auf den Kunden über.
Insbesondere die Automobilindustrie profitiert von einem Lieferanten-Logistik-Zentrum, da es eine sichere und kurzfristige Versorgung mit Teilen gewährleistet. Für die Zulieferer kann sich der Vorteil ergeben, dass sie Kosten für Lagerflächen einsparen.
Konsignationslager in der EU – steuerliche Besonderheiten
Befinden sich der Sitz des Lieferanten und des Kunden in unterschiedlichen Ländern der EU, müssen verschiedene steuerliche Regelungen beachtet werden. Grundsätzlich sind Lieferungen innerhalb der EU zollfrei. Das Verbringen gilt als innergemeinschaftliche, steuerbefreite Lieferung, welche im Ausgangsland erklärt werden muss. Im Zielland muss das Unternehmen eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durchführen.
Werden die Waren aus dem Lager entnommen bzw. ausgeliefert, stellt dies eine umsatzsteuerliche Lieferung dar, die nach allgemeinen Grundsätzen des entsprechenden Landes beurteilt werden muss. Einige Länder haben jedoch speziell für Konsignationslager umsatzsteuerliche Vereinfachungen geschaffen.
Da diese Thematik äußerst komplex ist, erläutern wir sie anhand von konkreten Beispielen:
Beispiel 1: Italien
Ein deutscher Lieferant (Unternehmen in Deutschland) stellt Bremsscheiben für die Pkw-Fertigung her. Mit seinem Abnehmer, einem italienischen Automobilhersteller, hat er vereinbart, die Teile direkt in das Konsignationslager des Autobauers zu liefern und dort vorzuhalten. Die Bremsscheiben sind speziell für den Abnehmer gefertigt und nur für seine Fahrzeuge verwendbar. Vereinbart wurde, dass der Eigentumsübergang zu dem Zeitpunkt stattfindet, wenn der Pkw-Hersteller die Waren aus dem Lager entnimmt. Nach der Entnahme werden die Bremsscheiben innerhalb weniger Tage in der Produktion verbaut.
Umsatzsteuerliche Auswirkungen:
Es greift eine italienische Vereinfachungsregel. Der Lieferant muss sich in Italien nicht umsatzsteuerrechtlich registrieren. Hintergrund ist, dass die Bremsscheiben zur eigenen Verfügung nach Italien verbracht werden und der Abnehmer von Anfang an feststeht. Ausschließlich der Automobilhersteller soll beliefert werden. Weiterhin werden die Teile vor Ort auch nicht weiterbearbeitet. Eine Entnahme erfolgt innerhalb kürzester Zeit – die sog. Jahresfrist bleibt stets gewahrt.
Beispiel 2: Spanien
Der deutsche Bremsscheibenhersteller aus Beispiel 1 lässt seine Bauteile von Unternehmen in Deutschland durch eine Spedition in das Lager eines Zwischenverarbeiters liefern, dessen Sitz sich in Spanien befindet. Das Lager befindet sich auf dem Gelände des Kunden.
Umsatzsteuerliche Auswirkungen:
Der Lieferant aus Deutschland ist verpflichtet, sich in Spanien als sog. nicht-ansässiger Unternehmer zu registrieren. Er erhält eine spanische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Über das Verbringen der Ware nach Spanien muss der Lieferant Proforma-Rechnungen ausstellen, welche sowohl die deutsche als auch die spanische Ust-ID-Nummer enthält. Vierteljährlich muss der Bremsscheibenhersteller die Lieferungen in seiner Steuererklärung als innergemeinschaftlichen Erwerb deklarieren, wodurch jedoch keine Zahlungsverpflichtungen entstehen.
Möglicherweise müssen statistische Meldungen (z. B. Intrastat) eingereicht werden. Die Ausgangsrechnung an den spanischen Kunden wird letztlich ohne Umsatzsteuer ausgestellt. Er nutzt das Reverse-Charge-Verfahren und erklärt dort die erhaltene Umsatzsteuer, wodurch die Steuerschuld auf ihn übergeht.
Fazit zu Konsignationslagern in der EU
Bereits anhand von zwei Beispielen wird deutlich, dass Expertise erforderlich ist, um die Vereinfachungsregeln der einzelnen EU-Länder und die Auswirkungen auf die Umsatzsteuer zu verstehen und richtig anzuwenden. Leider besteht nach wie vor keine europaweit gültige Vereinheitlichung.
Fazit
Durch die Einführung eines Konsignationslagers für bestimmte Warengruppen bist du als Abnehmer in der Lage, deine Lagerkosten in Form der Kapitalbindung zu senken. Weiterhin verlagerst du das Risiko des Verfalls oder der Überalterung auf den Lieferanten.
Die kostenoptimale Führung eines Konsignationslagers ist jedoch nur mit entsprechender IT-Unterstützung möglich. Die Bestände sollten für beide Seiten (Abnehmer und Lieferant) jederzeit einsehbar sein. Weiterhin sollte der Nachschub mithilfe von Meldegrenzen weitgehend automatisiert werden.
Für Lieferanten ist ein Konsignationslager hingegen ein hervorragendes Instrument zur Kundenbindung, mit dessen Hilfe konstante Abnahmemengen und eine hohe Serviceorientierung erreicht werden können.
Autor dieses Artikels ist Ertan Özdil, CEO, Gründer und Gesellschafter des Cloud ERP-Anbieters weclapp.
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